Ain´t got time to waste

Agent Null Acht Eins Fünf

Agent Null Acht Eins Fünf ist auf der Flucht. Er hat gerade eben die Haustüre verlassen und der Feind sitzt ihm bereits im Nacken. Verdammt. Er beschleunigt seinen Gang. Da, ein Supermarkt. Perfekt zum Untertauchen. Er biegt in den Eingang ein. Ok, was nun? Er schnappt sich einen Einkaufswagen. Täuschend echte Tarnung. Er blickt sich zu allen Seiten um. Es hat funktioniert. Der Feind ist vorerst abgehängt. Ruhig bleiben. Durchatmen. Er darf nicht auffliegen.
Betont lässig geht er die Gemüsetheke entlang. Nein. Nichts Interessantes. Er schwenkt um zum Obstregal. Ein paar Litschis vielleicht? Ok. Wo sind diese blöden durchsichtigen Obsttüten? Ah, gefunden. Litschis eingepackt. Er schlendert weiter. Als er beim Klopapier angelangt ist, hat er längst entschieden, auf die Litschis zu verzichten. Unauffällig deponiert er sie zwischen fünflagigem und dreilagigem Toilettenpapier. Ah, Klopapier…er legt eine Packung des fünflagigen Papiers in den Einkaufswagen.
Unauffällig füllt er bei seinem Rundgang durch den Laden den Wagen mit Essbarem und einem Bauch-weg-Gürtel.
Ach, wasn das? Dremel-Set, Neunzehn Euro Neunundneunzig. Ma gucken…Zubehör-Liste…Hmmm, nicht schlecht. Ok, rein damit. Ein schneller Blick nach hinten. Ganz ruhig. Keine Panik! Bis jetzt hat es gut funktioniert, aber er kann nicht ewig hier drin bleiben.
Agent Null Acht Eins Fünf macht sich langsam auf den Weg zur Kasse. Dort angekommen, schiebt sich vor ihm noch jemand anders in die Schlange. Er sieht nach vorne. Es vergehen vier Sekunden. Dann: Mist. Da ist er wieder. Der Feind war ihm näher als er glaubte.
Noch sechs Kunden vor ihm. Verdammt er muss doch hier raus! Wo bleibt die andere Kassiererin? Die war doch eben noch da, als er reinkam. Er beugt sich seitlich an seinem Vordermann vorbei und blickt auf die unbesetzte Kasse. Sie muss doch irgendwo sein, verdammt. Warum kommt Sie nicht aus der Kasse gesprungen, wie die Stripperin aus der Torte? Hektisch dreht er seinen Kopf nach hinten in den Laden. Mehrmals. Vielleicht erblickt er sie dort. Stimmt, das wäre logischer. Tatsächlich. Da ist sie. Die fünf Sekunden, die sie braucht, um in die Nähe der Kasse zu kommen erscheinen ihm wie Stunden. Er starrt sie eindringlich an, während sie näher kommt. Vielleicht schafft er es, ihre Gedanken zu lesen. Was hat sie vor? Geht sie an Kasse zwei? Oder doch an Kasse drei? Macht sie ÜBERHAUPT eine Kasse auf?
Sie ist noch nicht an ihm vorbei, als sie ruft: „Kommen Sie auch an Kasse drei!“. Perfekt! Bevor die anderen Kunden es begriffen haben, schlängelt er sich mit seinem Einkaufswagen hinter der Kassiererin her an ihnen vorbei. Er tangiert den Kassiererinnen-Hintern mit dem Bug des Einkaufswagens. Und: Yes! Er ist der Erste an Kasse Drei. Nach fünfzehn Sekunden (fünfzehn Sekunden, die der Kassiererin wie Stunden vorkommen) hat er alles aufs Band gelegt und ab geht´s. Nachdem er bezahlt hat, stopft er alles in Tüten. Ok. Schnell raus hier. Ach, warte mal… der Prospekt für nächste Woche. Kurz durchgeblättert und unter den Arm geklemmt. Jetzt aber…

Moment. Feind? Weg. Verrückt. Egal. Gut für Agent Null Acht Eins Fünf. Er trägt seine vollen Tüten nach Hause. Als er mit dem Ellenbogen die Wohnungstür aufschubst, fällt sein Blick direkt in die Küche. Fuck. Da hängt er. Der Inbegriff seines Todfeindes. Sein Albtraum. Der absolute Horror: Die Küchenuhr. Genau zwölf nach Acht. Es hat ihn wieder erwischt. Jetzt hat er genau drei Minuten um seine Einkäufe zu verstauen. Er braucht vier Minuten. Er verpasst die erste Minute von Resident Evil Teil Eins wegen der dummen Kassiererin. Scheiße. Und was will er mit dem bekackten Dremel-Set?

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